© 2024 Heimatpflegeverband Südtirol„Der Dialekt ist voller lebendiger sinnlicher Bilder“

Johannes Ortner ist neuer Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft MundART

 „Der Dialekt ist voller lebendiger sinnlicher Bilder“ betonte Johannes Ortner, nachdem er im Rahmen der Mitgliederversammlung einstimmig zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde. Für die nächsten Jahre sind mehrere Veranstaltungen und Aktionen geplant. Die ArGe Mundart soll sich selbstbewusst in der Öffentlichkeit präsentieren.

Es wird immer mehr in Mundart geschrieben (Textnachrichten; E-Mail, WhatsApp), besonders im informellen Kontext. Dies ist eine kreative Angelegenheit, denn man muss als Schreiber/in überlegen, wie kann der/die andere den Text lesen bzw. verstehen. Kreativ ist dieser Akt, weil ich selbst je nach Situation über eine Orthografie entscheiden darf

© 2024 Heimatpflegeverband SüdtirolSprache kann gerade in Südtirol auch politisch sein.
In einer Minderheitensituation mit einem großen fast ausschließlich italienischsprachigen italienischen Nationalstaat ist Deutsch natürlich ein wesentlicher Bestandteil der Südtiroler Identität, wie das Ladinische für die Ladiner. Diese Anlehnung an das Deutschtum (Radio, österreichische und bundesdeutsche Fernsehprogramme), hat dazu geführt, dass der Standardsprache weit mehr Beachtung geschenkt wurde – und in gewissem Sinn noch wird – um die Anbindung an den deutschen Kultur- und Sprachraum zu stärken. In diesem Zuge wurde der Dialekt als untergeordnet eingestuft. In der Folge entwickelte sich in Südtirol eine Art „Sprachscham“

Dialekt kann das Sprachenverständnis stärken
Hochdeutsch zu beherrschen ist eine erstrebenswerte Fähigkeit, aber Dialekt und Standard sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. „Gute Dialektsprecher/innen und -autor/innen, die es zum Glück noch gibt, zeigen sehr viel Sprachgefühl“ ist Johannes Ortner überzeugt, „eine gute Beherrschung einer oder mehrerer Mundarten ist ein idealer Ausgangspunkt andere Dialektvarietäten und Sprachen schnell zu lernen, vor allem weil der Lautstand in den Dialekten komplex ist“.

Breites Programm für die ArGE MundART
Bei der Mitgliederversammlung hat man sich viel für die nächsten Jahre vorgenommen. Neben Lesungen an etablierten und ungewöhnlichen Orten ist auch ein Fortbildungsprogramm für Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft geplant. Ein besonderes Anliegen ist Johannes Ortner auch eine wissenschaftliche Herangehensweise. So soll etwa auch das Anlegen von Mundartsammlungen und das Scannen von handschriftlich verfassten Sammlungen ins Programm genommen werden.


Die Arbeitsgemeinschaft MundART

Wenn wir überlegen und ehrlich sind, ist unsere Muttersprache die „Mund-Art“. Die ersten Worte sprechen wir unserer Mutter,unserem Vater, Geschwistern nach. Diese Ausdrucksform kann nicht nur vonTal zuTal, auch in einzelnen Abschnitten eines Tales verschieden sein. Dies war in früheren Zeiten noch viel markanter als dies heutzutage der Fall ist. Die Täler waren abgeschlossener, die Menschen mehr unter sich.Veränderungen, auch in der Sprache gingen langsamer voran, doch das Leben in der kleinen Gemeinschaft war sicher intensiver.

Durch Fortschritt, Industrialisierung und Fremdenverkehr änderte und vermischte sich dies in verhältnismäßig kurzer Zeit. Trotzdem haben sich die Mundart und  Dialekte erhalten, sind weiterhin im alltäglichen Sprachgebrauch mehr oder weniger üblich. Dies zeugt auch vom Bewusstsein der eigenen Herkunft und der Treue zur Heimat. Wir Mundartdichterinnen und -dichter legen darauf großen Wert, schreiben unsere Gedanken in Reimen und Versen nieder, und zwar in einem in der Kindheit gelernten Sprachgebrauch. Im Dialekt kann man sich oft viel genauer und treffender ausdrücken als in der sogenannten Schriftsprache. Doch leider gehen zunehmend solche Ausdrücke verloren, da es einstige Arbeitsmittel und -geräte vielfach auch nicht mehr gibt. Wir versuchen diese alten, fast vergessenen Begriffe in unseren Gedichten zu verankern und dadurch wieder in Erinnerung zu rufen. Bei Lesungen haben wir auch die Gelegenheit, wenn nötig, diese zu erklären.

Maria Hilber Mutschlechner